1. Mein ist die Rache


    Datum: 28.10.2020, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: bydutchrain

    ... wird mir bewusst, dass ich während der ganze Zeit nicht einmal an meinem Freund gedacht habe. Nachdenklich schüttle ich meinen Kopf.
    
    King kommt, und setzt sich an meine andere Seite. Ich schneide seine Verbände weg, Fox geht sich duschen.
    
    „Soll ich Simi anrufen?", fragt King leise. „Willst du deine Schwester hier haben?"
    
    „Willst du sie hierhaben?", frage ich genau so leise.
    
    „Noch nicht unbedingt", sagt er, „muss erst ein bisschen verdauen."
    
    „Ich auch."
    
    Schweigend streckt er sich neben mir aus. Erst als Fox reinkommt, richtet er sich auf, und befreit ihn von den Verbänden.
    
    „Froh, dass ich die los bin", seufzt Fox. „Die störten mich."
    
    Ich nicke.
    
    „Denke nicht, dass ich vorläufig Lust habe ein Armband anzulegen."
    
    Eine Weile liegen wir ohne etwas zu sagen neben einander.
    
    „Was sagen wir morgen der Polizei?", möchte King mit einem Mal wissen.
    
    „Was wir heute auch schon gesagt haben", bestimme ich. „Ob ich will oder nicht, wenn sie denen was nachweisen können, muss ich vor Gericht."
    
    „Müssen sie vor Gericht", verbessert Fox.
    
    „Nein! Muss ICH vor Gericht", fahre ich ihn an. „Darauf habe ich keine Lust! Ich will Rache und dann vergessen. Nicht ewig daran erinnert werden", schluchze ich.
    
    In einen anderen Arm weinen wir. Versichern einander, dass wir vergessen werden, dass alles gut ist, gut werden wird.
    
    „Deine Schreie, Re, ich..."
    
    Wir umarmen einander, rotze läuft uns aus der Nase, wieder und wieder versprechen wir einander, dass alles ...
    ... gut wird, dass wir es vergessen werden.
    
    „Hätte lieber mich im Arsch ficken lassen, als zusehen wie sie dir..."
    
    Wenn eine sich beruhigt hat, legt ein anderer wieder richtig los. Gegen Morgen schlafen wir völlig erschöpft ein.
    
    Fast zugleich werden wir wach, richten uns was zu essen, alles schweigend.
    
    „Rache, Re?", fragt Fox. „Wie?"
    
    „Nachher", seufzt King, „die Bullen kommen zuerst dran."
    
    Irgendwie bringen wir die Zeugenaussagen hinter uns, die Jungs hängen in einem Wartezimmer rum, als ich endlich fertig bin. Kaum sehe ich sie, rinnen die Tränen, die ich die letzte Stunden mühsam zurückgehalten habe. Eine Polizistin, die mit mir mitgelaufen ist, noch mal gefragt hatte, ob ich nicht mit jemand von der Opferhilfe sprechen wollte, führt uns in ein Verhörzimmer. Sie geht, kommt mit einer Flasche Wasser, die sie vor uns auf den Tisch stellt wieder. Schweigend setzt sie sich in eine Ecke, steht nur einmal auf, um ein Päckchen Nasentücher auf den Tisch zu legen.
    
    Irgendwann sind wir fertig und gehen in unsere Bude. Vor unsere Tür steht eine Ikeatasche mit all unseren Sachen vom Vorabend. Mit grimmigem Gesicht trägt King es in unserer Wohnung.
    
    „Hat Hassan nicht letztes Jahr das Tattoo-Studio beim Bahnhof eröffnet?", frage ich Fox.
    
    Er nickt.
    
    „Rufst du ihn an?"
    
    „Re, was willst du von Hassan?", fragt King verwundert. „Soll ich nicht lieber Ramon anrufen?"
    
    „Nein. Ich brauche Hassan", beharre ich.
    
    Beide sehen mich verwundert an, aber Fox fischt sein ...
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