1. Am Strand


    Datum: 10.11.2020, Kategorien: Medien, Autor: Anonym

    ... Nackte unter Nackten sind nun mal nichts Besonderes.
    
    Nur ein kleines Mädchen, vielleicht sechs Jahre alt beobachtete über ihren Windschutz hinweg drei Frauen und einen Mann, mit dem etwas nicht stimmen konnte. Lustlos kaute sie am Vollkornbrötchen, das ihr ihre Mutter in die Hand gedrückt hatte und krümelte auf das Handtuch, auf dem sie stand. Plötzlich leuchteten ihre Augen auf, der Fehler im Suchbild war erkannt.
    
    Mit weit tragender, heller Kinderstimme rief sie über den Strand: „ Mami, Mami …“
    
    „Ja, Deborah-Jasmin.“ Die gelangweilte Mama hob nicht mal den Blick von ihrem Strickzeug. „Mami, Mami, schau mal da! Der Mann da, was hat der da? Mami, schau mal!“
    
    Der Blick der Mutter folgte dem vom Zeigefinger verlängertem ausgestrecktem Arm des Kindes und erschrak. Sie schluckte, brachte aber leider kein Wort heraus. Natürlich war der Ruf der Kleinen nicht unbemerkt geblieben. Immer mehr Leute wurden aufmerksam.
    
    Moni, nie um einen netten Spruch verlegen, bemerkte leise: „Jetzt bekommt das Wort:
    
    Spießrutenlauf
    
    eine völlig neue Bedeutung!“
    
    Anni und Bea lachten laut los.
    
    Deborah-Jasmin war auch noch nicht fertig. Das aufgeweckte Mädchen richtete sich in der für Kinder normal sehr lauten Stimme wieder an seine Mama. „Mami, schau mal, der ist ja sooo groß und wie ein Stock?“ Sie drehte ihrem blonden Schopf zu ihrem Vater herum und musterte vergleichend dessen Teil. „Papa ist da viiiel kleiner und krumm! Warum?“ Die Mama versuchte vergeblich, sich wenigstens ...
    ... halbwegs hinter dem Windschutz zu verstecken, damit sie von den Nachbarn nicht erkannt würde. Doch ihre Tochter setzte noch einen drauf: „Mami!“
    
    „Ja, mein Kind.“ Die Stimme klang gequält.
    
    „Mami, mir gefällt das bei Papa da unten aber viel besser. Auch wenn er sooo klein ist“ Die Spanne zwischen ihrem winzigen Daumen und dem Zeigefinger zeigten für alle weithin sichtbar an, was Deborah-Jasmins Vorstellung von „klein“ entsprach.
    
    Ihre Mutter musterte eingehend die Anatomie des Gatten und nickte stumm. Dann vergrub sie ihr tiefrotes Gesicht in ihren Händen.
    
    Frank hatte endlich das Wasser erreicht. Ohne sich abzukühlen stürzte er sich in die Fluten. Die Wassertemperatur von siebzehn Grad stellte für ihn das kleinste Problem dar.
    
    Das Aufsehen am Strand legte sich langsam, die Leute nahmen ihre gewohnte Beschäftigung wieder auf. Nur Deborah-Jasmin wartete geduldig auf den in der Mitte so komisch aussehenden Mann. Die anderen Männer hier am Strand sahen alle anders aus, so wie Papa! Irgendwann musste der Mann mit dem Stock ja wieder hier vorbeikommen. Sie wollte sich das noch einmal ganz genau ansehen.
    
    Dann hatte sie ihn entdeckt. Er stieg aus dem Wasser und die zwei Frauen warteten schon auf ihn. Doch was war das?
    
    „Mami, Mami!“ Die Kleine trampelte aufgeregt auf ihrem Handtuch und den Körnern herum. „Mami, Mami, schau doch da hin! Der Mann!“ Ihr aufgeregtes Gesicht verzog sich schmerzhaft. „Mami! Das tut bestimmt ganz doll weh!“
    
    „Was denn Deborah-Jasmin?“ Die ...
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