Rapunzel 03
Datum: 11.06.2018,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
Autor: byJoanWilbury
... einem fast schon glasigen Blick. Ich hatte die Arme um seinen Hals geschlungen und ihn beinahe geküsst, als mir plötzlich siedend heiß bewusst wurde, was ich da im Begriff war zu tun. Erschrocken zuckte ich zurück, aber er hielt mich fest und stellte mir diese Frage auf eine Weise, die verriet, dass er die Antwort natürlich kannte.
„N-nichts", stotterte ich trotzdem mit knallrotem Gesicht.
„Du warst noch nie gut im Lügen und jetzt gerade bist du besonders schlecht", gab er trocken zurück.
„Das Letzte, was du willst, ist, dass ich das mache, was ich... äh..."
Er strich mir das Haar hinters Ohr. „Mach 's einfach und überlass das Urteil mir."
An diesem Abend interessierte sich keiner von uns mehr für das Fernsehprogramm.
Mick hatte sich schon immer viele Sorgen um mich gemacht, aber jetzt nahmen sie eine andere Qualität an. Er wollte nicht, dass ich allein auf die Straße ging und wenn wir irgendwo unter Leuten waren oder ich zur Schule musste, verlangte er, dass ich keine aufreizenden Klamotten anzog und meine Haare zum Zopf geflochten trug.
„Es sind zu viele Drecksäue unterwegs", betont er auch heute immer wieder. „Die warten nur darauf, sich ein Mädchen wie dich vorzunehmen. Denen willst du ja wohl nicht noch 'nen zusätzlichen Anreiz bieten, oder?"
Er will nur das Beste für mich, auf mich aufpassen, für mich da sein. Ich weiß, dass er mich liebt, ich liebe ihn ja schließlich auch, aber...
Magnus legte die Seiten auf den Tisch. Schweigend schaute er ...
... Tanita an, die ihren mittlerweile leeren Becher in den Händen drehte und irgendwo hinsah, nur nicht in seine Augen. Mehrere Minuten später stieß er pfeifend die Luft aus. „Wow", sagte er.
Sie hob den Kopf und zog fragend die Augenbrauen hoch. Er rieb sich das Kinn.
„Das ist schon... irgendwie 'ne krasse Geschichte", begann er vorsichtig. „Du bist also quasi seit über dreizehn Jahren mit ihm zusammen. Lebst mit ihm zusammen, wollte ich sagen. Blöde Wortwahl, sorry."
„Du hast doch gerade alles gelesen", erwiderte Tanita leise. „Mehr gibt es nicht zu sagen."
„Und warum hast du dann mitten im Satz aufgehört? Was kommt nach dem „Aber"?"
Schulterzucken. „Weiß ich nicht."
„Doch", sagte Magnus ernst, „ich denke schon, dass du das weißt. Du willst es nur nicht richtig wahrhaben, deshalb hast du 's nicht hingeschrieben."
Sollte sie wütend werden? Nein. Leider hatte er ja recht.
„Was denkst du denn jetzt von mir?", wollte sie wissen. „Du hältst mich für total verkorkst, oder?"
„Himmel, nein!" Entschieden beugte er sich vor und griff nach ihrer Hand. Irgendwie tat es gut, wie er sie festhielt.
„Das Einzige, was ich denke, ist, dass du auf dem richtigen Weg bist. Ich meine, du bist jetzt hier und nicht bei ihm. Die Entscheidung hast du doch wohl selbst getroffen, oder nicht?"
„Natürlich."
„Wie...", er suchte anscheinend nach den richtigen Worten, „ich glaub, ich hab dich das schon mal gefragt... wie hat er es eigentlich geschafft, dass du ihm so... ach, ...