Die Mitte des Universums Ch. 077
Datum: 30.09.2022,
Kategorien:
Erstes Mal
Autor: byBenGarland
77. Kapitel -- Thanh und ihr wunderschönes Haar
Jedes Jahr Ende Januar oder Anfang Februar fuhren hier in Vietnam hunderttausende Studenten und Arbeiter nach Norden, um überTet, dem Mondkalender-Jahreswechsel, ihre Familien zu besuchen. Obwohl die Coronakrise hier in Vietnam nur eine Nebenrolle spielte, hatte die Regierung dennoch Universitäten dieses Jahr verpflichtet, den Studenten im Januar Hausarbeiten aufzutragen oder Online-Unterricht abzuhalten, um den Reisetrubel während desTet-Urlaubs Anfang Februar 2021 zu entzerren.
So waren viele meiner ehemaligen Schüler schon kurz nach Weihnachten wieder in der Stadt. Zwar hatte ich bislang weder von Tuyet, Anna oder Tina gehört, aber da sich Khoi und Thanh sofort bei mir meldeten und ich wirklich sechs oder gar sieben Wochen Zeit für die anderen hatte, traf ich mich erst einmal mit den beiden, obwohl ihre ehemaligen Mitschüler wohl auch schon in der Stadt waren. Manchmal ging mir das ewige Hinundher auf den Wecker, wenn ich mich mit sechs oder gar acht jungen Leuten treffen wollte, die sich aber nicht auf einen Tag, Ort oder eine bestimmte Uhrzeit einigen konnten.
Khoi war sehr ansehnlich, super-intelligent, äußerst eloquent und herrlich schwul. Er hatte längeres, lockiges Haar und war sehr redselig. Auch Thanh hatte sich beim Friseur leicht gewelltes Haar machen, aber -- anders als Khoi -- es sich Gott sei Dank nicht färben lassen. Die beiden waren bis vor circa dreieinhalb Jahren meine Schüler gewesen, wobei Thanh ...
... sich in der zehnten Klasse eine längere Auszeit von unserer privaten Englischschule gegönnt hatte. Letztlich war sie -- in der Zwischenzeit vom Teenager zur jungen Frau gereift -- aber wiedergekommen und hatte eines der besten Examen hingelegt.
Im Februar letzten Jahres, als die Unis geschlossen waren, hatten wir uns in einer größeren Runde wiedergetroffen, und beim Verabschieden hatte ich Thanhs dichtes, langes Haar in der Gegenwart aller gepriesen. Glücklicherweise war ihr das aber nicht peinlich gewesen; im Gegenteil, ich hatte sogar den Eindruck gehabt, dass sie sich über das Kompliment richtig gefreut hatte und wohl auch wusste, dass es ehrlich gemeint gewesen war. Auch ihr Mund hatte zum Andocken ausgesehen -- karminrot, wie er nachgezeichnet gewesen war -- doch das hatte ich für mich behalten.
Thanh hatte schon als Kind wie eine Erwachsene gewirkt und auch so ausgesehen. Sie war relativ still und schien sich als Einzige auch nie in ein Mitglied der koreanischenBoygroup BTS verknallt zu haben. Dabei war sie aber nicht langweilig oder dröge. Sie hatte einen kleinen Bruder, in dessen Erziehung sie wohl ihre Eltern schon früh eingespannt hatten, doch trug sie schon als junger Mensch ihre Verpflichtungen mit Würde. Mit sechzehn hatte sie angefangen, im Restaurant ihrer Tante zu kellnern, um ‚Erfahrung zu sammeln', wie sie uns einmal erzählt hatte. Ich hatte nie bemerkt, dass sie irgendwelche Ansätze von Aufsässigkeit in sich trug, wobei ich dafür immer Verständnis ...