1. Erbengemeinschft


    Datum: 16.05.2023, Kategorien: Romantisch Autor: lost_of_mind

    ... aus dem Weg zu gehen. Irgendwann soff Eduard so sehr, dass er seinem Job kaum noch vernünftig nachgehen konnte. Das war ebenfalls zu meinem Vorteil, da seine Manneskraft dadurch rapide nachließ und er mich deshalb kaum noch in meinem getrennten Schlafzimmer besuchen wollte.
    
    Und nun das! Es gab nach dem Verschwinden meiner Schwester monatelange Nachforschungen und etliche Formalitäten, von denen vorwiegend meine Eltern betroffen waren. Es wurde wohl irgendwann was in einem Fischernetz gefunden, mit Tierfraß und nur noch über DNA-Vergleich identifiziert. Und ein weiteres Jahr später gab es einen völlig unerwarteten Termin zur Testamentseröffnung. Warum ich? Und nicht meine Eltern? Gab es da nicht auch noch Nachwuchs? Immer wenn meine Schwester und mein Fast-Freund zu Besuch kamen ging ich bewusst aus dem Weg, später wohnte ich eh woanders und Eduard übernahm die Isolierung für mich, jegliche Erzählversuche meiner Eltern blockte ich rigoros ab. Nicht auch noch das Messer im Rücken umdrehen!
    
    Nun also dieser Termin im Nachlassgericht. Ich erwartete rein garnichts, nahm es eher gelangweilt auf. Ging hin in einem förmlichen Kostüm, wie ich es immer zur Arbeit im Büro trug. Ich habe Kundenkontakt, mein Arbeitgeber erwartet korrektes Auftreten. War fast etwas zu spät dran, du kennst das selber: Wenn man einmal im Jahr zum Zahnarzt muss oder grad sowas ist, genau dann gehen die endlos lähmenden Videokonferenzen los. Vom hundertsten ins tausendste, wenn man endlich einen Konsens ...
    ... fand hat wieder irgendwer eine andere Meinung und alles geht von vorne los.
    
    Vor allem wenn man als Frau nicht so schlecht aussieht ist man davon betroffen. Dazu die blöden Anfragen ob man die Thematik nicht mal Persönlich besprechen könnte. Bei Videokonferenzen wird gelegentlich versucht mit teuren Uhren zu prahlen, dabei sieht man manchmal auch Eheringe an Fingern und man muss nur mal dezent darauf hinweisen. Aber erstmal ist wertvolle Zeit flöten. Die mir jetzt fehlte. Ich hastete gehetzt in das auf der Vorladung angegebene Zimmer.
    
    Ein großer Schreibtisch, davor zwei Stühle. Einer war bereits besetzt, auf den anderen wurde ich mit einer Handbewegung der Beamtin hinter dem Schreibtisch gewiesen. Ich entschuldigte meine Verspätung mit der Arbeit, die Beamtin nahm sofort die Einleitung auf. Anwesend sind Herr Nikolaus Sowieso, sie kennen sich ja bereits, und blablabla.....
    
    Ich sah seitlich auf die andere Person, und >Bäääng!<
    
    es traf mich wie ein Faustschlag. Ich riss meine Augen auf, sah nochmal genauer hin. Wäre ich nicht geschminkt gewesen hätte ich vermutlich ungläubig meine Augen gerieben. Er sah mich auch an, erst gelangweilt, dann - je mehr ich ihn anstarrte - umso verwunderter.
    
    "Nein, wir kennen uns leider noch nicht, aber ich weiß wer das ist." Stotterte ich. "Dann können wir ja fortfahren. Blablabla..."
    
    Es war unglaublich! Wie aus dem Gesicht geschnitten! Es war als säße ER mir gegenüber. Hier ist jeder Vaterschaftstest überflüssig. Das muss SEIN ...
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