1. Realität


    Datum: 03.08.2023, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie Autor: byNNNM

    ... machte überhaupt einen sehr mitgenommenen Eindruck. Ohne etwas zu sagen, nahm Tobias Kay bei der Hand und zog sie wieder zurück in Richtung der Treppe.
    
    "Wir haben ein kleines Problem." meinte er trocken.
    
    "Wir probieren es mit dem Angestellteneingang." sagte Kay. "Ich habe die Berechtigungskarte in der Innentasche meines Blazers. Vielleicht ist der nicht bewacht."
    
    Der Angestellteneingang war an einer anderen, weit abgelegenen Stelle des Gebäudes. Es ging durch dunkle Gänge, in denen lecke Rohre an den Wänden entlangliefen. Ungeziefer huschte auf ihrem Weg davon. Aber sie erreichten ihn ungehindert. Der Eingang schien menschenverlassen zu sein, und es waren keine Wachen zu sehen. Der altmodische, vollkommen versiffte Chipkartenleser akzeptierte Kays Karte und mit einem lauten Klacken öffnete sich das Schloss der schmucklosen Stahltür. Sie standen auf der Straße.
    
    -
    
    Ungläubig starrten die beiden auf die Straßenschlucht, die sich vor ihnen öffnete. Es war zweifellos dieselbe Straße wie vorher. Gegenüber des Hotels stand das riesige Gebäude einer Bank, daneben das Einkaufszentrum mit den Damenmoden in der Auslage. Am Rand verlief ein Grünstreifen, auf den ein Bistro seine Tische und Stühle gestellt hatte.
    
    Und doch war alles anders als vorher. Der Glas-und-Marmor-Palast der Bank war jetzt ein schäbig wirkender Plattenbau aus den 30er Jahren, mit kleinen Fenstern, rußbeschmiert von den stinkenden Abgasen der veralteten Autos, die die Straße entlangrasten. Auch das ...
    ... Einkaufszentrum war in einem ähnlich schlechten Zustand. Ärmlich wirkende Menschen schleppten weiße oder durchsichtige Plastiktüten heraus, was vor der spärlichen Auslage des Damenmodegeschäfts wiederum passend erschien. Die kleinen Balkonstühle und -tische aus Metallrohren und Plastikteilen des Bistros standen etwas verloren unter den kahl und krank wirkenden Bäumen. Hunde wetteiferten an den Mülleimern mit offen herumlaufenden Ratten um die Essensreste.
    
    "Es... es ist..." stotterte Kay, die sich als erste wieder gefasst hatte, schließlich. "Alles, was wir sahen, war nur eine Halluzination? Unser ganzes Leben?"
    
    "Welche Organisation ist in der Lage, die Luft ganzer Städte mit Paralanin anzureichen?" sagte Tobias, aber in dem Moment wurde ihm auch schon klar, dass es nur eine solche Organisation geben konnte: Den Staat selber. Auch Kay schien das im selben Moment begriffen zu haben, und die beiden schauten sich entsetzt an. Das ganze Volk wurde betrogen.
    
    "Ich schätze," sagte Tobias "wir haben ein noch viel größeres Problem als nur ein betrügerisches Hotel."
    
    "Vielleicht," sagte Kay, und sie lächelte ein wenig dabei, "ist es doch nicht so schlau, zur Polizei zu gehen. Was sollen wir jetzt machen?"
    
    Er überlegte einen Moment. "Ich glaube nicht, dass bisher jemand weiß, dass wir die Wahrheit kennen. Deswegen glaube ich, dass uns im Augenblick keine große Gefahr droht." Er machte eine Pause. "Aber etwas anderes würde mich interessieren, bevor ich entscheide, was ich ...
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