Wenn die Nachtigall erwacht 06
Datum: 21.03.2018,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: by_Faith_
... jetzt habe ich ja dich.«
Sven wendete seinen Kopf enttäuscht von ihr ab und sprang aus dem Bett. Er unterdrückte eine Reaktion auf den ziehenden Schmerz in seinen Oberschenkelmuskeln und kramte seine Arbeitsklamotten aus einem Regal.
»Ich liebe Dich. Die Vorstellung, dass Du von einer Horde Wichser nur als Stück Fleisch gesehen wirst, tut mir weh -- verstehst Du das?«
»So ist das nicht, es ist eher wie...«
»... aah! Ich will es nicht wissen!«, schrie Sven und brachte Miriam, die immer noch in Gestalt der Blauen Königin auf seinem Bett lag, zum Schweigen.
Er zog sich ein altes Sweatshirt an, stieg in den öligen Blaumann und die abgewetzten Sicherheitsschuhe und wollte aus dem Raum stürmen. Doch dann verharrte er an der Tür und schaute zurück zum Bett. Miriams menschliches Gesicht schaute nun unter der Bettdecke hervor und sie blickte ihn mit großen grünen Augen an. Da er sie bis vor wenigen Minuten mit schwarzer Haut gesehen hatte, kam sie ihm jetzt besonders blass vor. Der blonde Engel war sichtlich geknickt. Sven kam mit großen Schritten zu ihr gelaufen. Das Gang-Bang-Thema war für ihn noch lange nicht erledigt, aber dieser traurige Blick erregte sein Mitleid. Er wollte sie versöhnlich küssen und stieß auf Ablehnung.
»Lass mich!«, sagte Miriam und zog die Bettdecke über ihren Kopf.
*
Auf dem Schrottplatz türmten sich Berge von Stahlgestellen, die mehrere LKWs gestern abgeladen hatten. Svens Onkel musste die sperrigen Teile in weniger ...
... raumgreifende Stücke zerlegen, um den Schrott zum vollen Preis an die Verwertungsgesellschaft verkaufen zu können. Die brachiale Zerstörung dieser Stahlteile mit dem Schneidbrenner lenkte Sven nicht wirklich ab, aber er konnte seine Emotionen ungehemmt auslassen.
Nach einer halben Stunde kam Miriam über den Hof gelaufen, sie trug das Outfit von gestern: eleganter, dunkelgrauer Rollkragenpullover aus Kaschmirwolle, einen dazu passenden Rock und die schwarzen hochhackigen Stiefel. Die Handtasche hing über ihrer Schulter. Sie warf Sven einen kühlen Blick zu in dem auch Enttäuschung zu sehen war. Dann schnickte sie ihre Haare arrogant über die Schultern und verschwand durchs offene Tor.
»Lass sie«, sagte sein Onkel und legte eine Hand auf Svens Schulter, »die regt sich wieder ab. Mach' bloß nicht den Fehler, ihr jetzt nachzulaufen, sonst machst Du das für den Rest deines Lebens.«
Sein Onkel warf einen großen Brocken Stahl zur Seite und knurrte abwertend: »Die kannst Du sowieso nicht lange halten.«
Sven schaute ihn fragend an. Sein Onkel rieb Daumen und Zeigefinger aneinander: »Die ist zu teuer auf Dauer. Die wird sich früher oder später so einen dreimal gelackten Schnösel anlachen.«
»Nein, das wird sie nicht!«, sagte Sven erbost und sein Onkel lachte: »Genieße die Zeit, die Du hast, so eine bekommt man nicht alle Tage.«
***
Miriam bekam von dem Gespräch nichts mit, sie eilte mit schnellen Schritten über die mit Unkraut überwucherten Gehsteige in Richtung der nächsten ...