1. PARIS komplett


    Datum: 23.03.2018, Kategorien: Kunst, Autor: Anonym

    ... üben, uns daran gewöhnen, vor Publikum nackt zu sein, Sonst vergessen wir dann noch unseren Text bei der Aufführung, weil wir dann ja nackig sind und aufgeregt und so
    
    Ah, geh, Mädel! Glaubst, i bin vom Mond? Des lernts ihr doch im sechsten Semester, gell?
    
    Ja, er hatte Recht! Den konnte man nicht verkohlen!
    
    Im sechsten Semester hatten wir einen Intensivkurs
    
    Dramaturgischer Körpereinsatz und expressive Emotionen auf der Bühne und im Film.
    
    Ich weiß noch genau, wie wir versuchten, von den ältern Studenten darüber etwas Genaueres zu erfahren. Es kursierten die tollsten Gerüchte, aber keiner wollte dazu was sagen.
    
    Sie wollten uns halt die Spannung und den Spaß nicht verderben.
    
    Vor Allem sich selber nicht! Denn die Studenten aus den älteren Semestern füllten den Probensaal als Pseudo-Publikum. Das hatten wir schon erfahren. Mehr aber auch nicht.
    
    Dann war es soweit.
    
    Professor Schmalenbach, unser Dozent für Dramaturgie und Intendanz hielt eine kurze Einführungsrede, die darauf hinauslief, dass man als Schauspieler seinen Körper und seine Persönlichkeit voll in die Rolle einbringen muss. Sich selbst vergessen und ganz und gar in der Figur aufgehen, egal, was mit ihr geschieht. 100%!
    
    Die Bühne war dunkel und leer.
    
    Wir Neuen saßen alle in der ersten Stuhlreihe des Probensaales.
    
    Hinter uns war der Saal voll mit älteren Semestern.
    
    Schmalenbach erklärte:
    
    Kommilitonen, es könnte sein, dass jemand den heutigen Tag zum letzten Tag seines ...
    ... Schauspielstudiums erklärt.
    
    Aber: Dann ist er oder sie eben kein richtiger Schauspieler und wird es auch nie werden!
    
    Soll sich dann meinetwegen um Rollen in billigen Seifenopern oder dämlichen Werbefilmchen bewerben! Meine Verachtung, und ich hoffe, auch die Eure ist ihm gewiss!
    
    Sie haben ihre Texte bekommen und hoffentlich gut gelernt!
    
    Das hatten wir allerdings! Aber keiner war in der Lage, sich daraus etwas zusammenzureimen. Die Texte waren völlig konfus und durcheinander,
    
    nichts passte zusammen! Welches Stück sollte das denn sein?
    
    Ich hatte den letzten Monolog der Jeanne d arc.
    
    Und Charlie hatte eine Sequenz aus dem Film Show-Girls
    
    Nur Verena war wieder mal nicht dabei. Sie litt noch an den Wunden ihrer fünften Schönheits-OP.
    
    Die Dramaturgie wird Ihnen der Inspizient erklären, unmittelbar, wenn sie an der Reihe sind. Es wird nicht leicht!
    
    Noch ein letzter Hinweis und guter Rat:
    
    wer zuerst auftritt, hat es am leichtesten, danach wachsen die Ansprüche! Wer will beginnen?
    
    Niemand wollte, alle waren verunsichert. Die Gerüchte hatten Wirkung gezeigt.
    
    Na gut, das ist jedes Jahr so! Also: Wer hat das Gretchen und wer den Faust?
    
    Die kleine zierliche Dagmar hob schüchtern die Hand. Dann auch Gregor unser Dicker.
    
    Auf einen Wink von Schmalenberg gingen beide backstage, zum Inspizienten.
    
    Die Bühne blieb dunkel.
    
    Nach fünf Minuten hörten wir erst mal nur die unsichere Stimme von Dagmar:
    
    Wie hältst dus mit der Religion?... Igitt!, was ist denn das? ...
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