1. Krieg und Liebe: Tanganjikabahn


    Datum: 30.03.2024, Kategorien: Romantisch Autor: JoeMo619

    ... Diplom-Ingenieur abschloss. Nach zwei weiteren Jahren in der Lokomotivfertigung von Borsig wechselte ich 1907 zur Preußischen Staatseisenbahn und wurde stellvertretender Leiter des Bahnbetriebswerkes in Königsberg.
    
    Mit diesem Arbeitsplatzwechsel heiratete ich meine (erste) Ehefrau Margarethe, nur um sie nach etwas mehr als einem Jahr gemeinsam mit unserer ersten Tochter zu beerdigen. Sie hatten beide ihre Geburt nicht überlebt. Ich brauchte mehr als ein halbes Jahr, um über diesen Verlust so weit hinwegzukommen, dass ich wieder über meine eigene Zukunft nachdenken konnte. Mein dreißigster Geburtstag 1910 sollte für mein weiteres Leben schicksalshafte Konsequenzen haben. Mit seinem Gratulationsschreiben wies mein Vater in einem Anhang darauf hin, dass die Ostafrikanische Eisenbahngesellschaft OAEG mit Unterstützung des Gouverneurs Freiherr von Rechenbach und des für die gesamte Eisenbahnplanung der Kolonie zuständigen Reichskommissars Geheimer Baurat Franz Allmaras händeringend nach berufserfahrenen Eisenbahningenieuren suchte, die den für die kommenden Jahre geplanten, massiven Ausbau und Betrieb des ostafrikanischen Schienennetzes vor Ort verantworten würden. "Vielleicht ist dies die beste Gelegenheit für Dich", schrieb mein Vater, "über Deinen schmerzhaften familiären Verlust hinwegzukommen."
    
    Die Gespräche in der Berliner Hauptverwaltung über meine Bewerbung bei der OAEG waren innerhalb von wenigen Wochen abgeschlossen. So schiffte ich mich Anfang Oktober in Hamburg ...
    ... auf einem Dampfer der Deutschen Ost-Afrika-Linie mit dem Ziel Daressalam ein und sah meiner nächsten Zukunft mit einer sehr persönlichen Mischung aus Neugierde, einem unbestimmten Freiheitsgefühl und einer Vorfreude auf ein berufliches wie privates Abenteuer entgegen.
    
    In Daressalam angekommen stellte ich als erstes fest, dass mich ein mehr als ungewohntes Spätherbstwetter empfing: warm, regnerisch und praktisch windstill. Die Luft stand wie eine feuchte Wand.
    
    "Ist das Wetter hier immer so?" fragte ich den Betriebsdirektor der OAEG, bei dem ich mich zum Dienstantritt meldete.
    
    "Ja", grinste er mich an. "Hier an der Küste ist in der Regel zehn Monate Waschküchenwetter, mit regelmäßigen Gewittern unterbrochen." Er deutete auf ein paar Gummistiefel in der Ecke seines Büros. "Das ist hier an der Küste die mit Abstand beste Fußbekleidung, wenn Sie ihr Haus oder ihr Büro verlassen. Den Matsch kann man mit Wasser abwaschen, zudem halten sie die Füße trocken."
    
    "Gut. Wird meine erste Anschaffung werden."
    
    Wir führten ein einstündiges, sehr freundschaftliches Gespräch über die aktuelle Lage der OAEG und ihre zahlreichen Probleme. Direktor Huber war glücklich, seinen technischen Stab um einen berufserfahrenen Eisenbahningenieur zu verstärken. "Sie werden feststellen, Herr Henschel, dass wir bei weitem nicht genug Ingenieurpersonal haben. Erfreulicherweise sind Sie ohne Familie gekommen, das erhöht ihre Flexibilität und Einsatzfähigkeit."
    
    Wir vereinbarten, dass ich bis zum ...
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