1. Krieg und Liebe: Tanganjikabahn


    Datum: 30.03.2024, Kategorien: Romantisch Autor: JoeMo619

    ... langem gehört hatte. Angesichts meiner veränderten Wohnsituation - die OAEG hatte zunächst für drei Monate ein Zimmer für mich im Gasthof reserviert - regelte ich die Stornierung mit einer großzügigen Abschlagszahlung, was mir einige Pluspunkte bei der Wirtin eintrug. Jedenfalls war ich für sie bereits der "Herr Direktor".
    
    Ich inspizierte anhand der mir mitgegebenen Katasterkarten die vorgesehenen Bauplätze für den Stadt-Bahnhof mit integriertem Verwaltungsgebäude und einem Flügel, der in Zukunft das Bahnhofshotel beherbergen sollte, das Bahnbetriebswerk einschließlich Brennstofflager und Wasserturm, die Pieranlage mit dem zusätzlichen Güterbahnhof, den Lagerschuppen und einer Personenverkehrsplattform, sowie den Bauplatz für mein Wohnhaus und die Wohngebäude für die deutschen Eisenbahnangestellten. Die OAEG wollte zur Nordseite des Bahnhofs nach dem Vorbild anderer Koloniestädte ein kleines, separates Wohngebiet für die deutsche beziehungsweise europäische Bevölkerung errichten, so wie Kigoma bereits in seiner natürlichen Entwicklung ein besseres Wohngebiet besaß, in dem vornehmlich arabische und indische Händler lebten und arbeiteten. Ich war verblüfft, wie exakt und gründlich die Ingenieur- und Bauabteilung der OAEG vorgearbeitet hatte.
    
    Ich hatte bereits zwei Wochen nach meiner Ankunft einen Brief an das gräfliche Ehepaar von Cleve gerichtet, da ich möglichst schnell aus eigener Beobachtung beurteilen wollte, wie die zukünftige Versorgung mit Bau- und Feuerholz durch ...
    ... die größte Plantage am mittleren Tanganjika-Seeufer sicherzustellen sei. Wie mir Muhammad Ali bestätigt hatte, besaß die von Cleve-Plantage die mit Abstand größten Waldbestände im Westen Deutsch-Ostafrikas und betrieb eine sehr professionelle Forstwirtschaft; angesichts des zweifelhaften gesellschaftlichen Rufs der Besitzer eine etwas überraschende Erkenntnis. Muhammad Ali hatte das auf seine Art auf den Punkt gebracht: "Sehr guter Besitz und sehr gute Holz- und Plantagenwirtschaft. Aber mit dem Grafen und der Gräfin will man als gläubiger Moslem nichts zu tun haben. Dort oben herrscht die reine Sünde."
    
    Der Antwortbrief der Gräfin kam postwendend. "Wir freuen uns auf Ihren Besuch zum angekündigten Zeitpunkt und unsere Gespräche über die zukünftige Zusammenarbeit. Bitte bringen Sie ein paar Tage Zeit mit, damit wir Ihnen das Potential unserer Forstwirtschaft und die Möglichkeiten, unser Sägewerk auf Ihre Anforderungen hin auszubauen, präsentieren können." Dies Antwortschreiben der Gräfin, die zudem die derzeitige Abwesenheit Ihres Mannes entschuldigte, der sich auf einer Großwildjagd befand, klang absolut angemessen und professionell.
    
    Zum vereinbarten Zeitpunkt machte ich mich zu Pferd auf den Weg zur Cleve-Plantage, begleitet von einem einheimischen Burschen Mbanu, den mir Muhammad Ali anempfohlen und der sich sehr schnell als unentbehrlich erwiesen hatte. Ich hatte ihn mit einem Reitzebra ausgestattet, genauso einem Reittier wie ihn die Askaris der Kavallerieeinheiten ...
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