Krieg und Liebe: Tanganjikabahn
Datum: 30.03.2024,
Kategorien:
Romantisch
Autor: JoeMo619
... der Schutztruppe nutzten. Mbanu war mächtig stolz auf sein Reitzebra, war es doch außerhalb der Schutztruppe oder der Polizeieinheiten absolut unüblich, dass ein Afrikaner ritt.
Das Haupthaus der Cleve-Plantage war - gelinde gesagt - ungewöhnlich. Westlich von Bitale unterhalb eines beachtlichen Tropenwaldberghangs gelegen, stand im Zentrum ein klassisches, zweistöckiges Kolonialfarmhaus, weiß mit umlaufender, überdachter und breiter Veranda, die im Erdgeschoss und Obergeschoss von unterschiedlich gestalteten Säulenbögen getragen wurden. Rechts und links von Haupthaus lagen zwei eingeschossige, langgestreckte Häuser, die über einen überdachten Säulengang mit dem Haupthaus verbunden waren, so dass das Gesamtensemble aus der Vogelperspektive wie ein 'H' aussah.
Als ich, gefolgt von Mbanu, auf das Haupthaus zuritt, musste ich anerkennend nicken. "Nicht schlecht", murmelte ich zu mir selbst. "Graf und Gräfin von Cleves haben sich hier am anderen Ende der deutschen Welt ein kleines Schloss gebaut. Bin gespannt, was mich erwartet."
Am Eingang erschien ein afrikanischer Diener in Livree, begrüßte mich vornehm und teilte mir mit, dass die Gräfin und die anderen Damen mich bereits erwarten würden. Mbanu kümmerte sich um mein Pferd und sein Zebra sowie mein leichtes Reisegepäck, während ich dem Diener durch die Eingangshalle in einen Salon folgte, der sich zur Gartenseite des Haupthauses hin öffnete.
"Oh, Herr Henschel", sprach mich die mittlere der drei weiß gekleideten ...
... Damen an und lächelte mich an, "Sie sind pünktlich. Man merkt, Sie kommen frisch aus Preußen." Ich begrüßte die Gräfin mit einem angedeuteten Handkuss und nutzte die paar Sekunden, sie kurz komplett zu betrachten. "Verdammt gut aussehend", zuckte mir durch den Kopf. "Mitte dreißig und über zehn Jahre in Afrika sieht man ihr wahrhaftig nicht an." Und sie war wahrhaftig gut proportioniert, obwohl sie anscheinend kein Mieder trug. Verständlich bei der schwülen Hitze, die der Frühling am Tanganjikasee unweigerlich mit sich brachte.
"Darf ich Ihnen meine besten Freundinnen vorstellen?" Sie blickte zu der deutlich jüngeren, hellblonden Dame links von ihr. "Baronesse von Schmetternitz aus dem wunderschönen Wien", dann blickte sie zur anderen Seite zu einer brünetten, selbst im Sitzen sichtbar groß gewachsenen Frau, "und dies ist Lady Lochbird, die es in grauen Vorzeiten ehemäßig vom Hannoverschen nach England verschlagen hat. Was sie besonders auszeichnet, ist die Tatsache, dass sie meine jüngere Schwester ist."
Jetzt wandte sie sich mir zu. "Und dies, meine Lieben, ist unsere Zukunft. Der neue Eisenbahndirektor am Ostufer des Tanganjikasees, Herr Diplom-Ingenieur Henschel."
Ich begrüßte die Damen und bekam als erstes die Frage gestellt, die mein Nachname schon oft provoziert hatte. "Henschel? Sind Sie mit den Henschel-Werken in Kassel verwandt?"
Eine Frage, die in Eisenbahnkreisen auf der Hand lag, waren die Henschel-Werke doch einer der größten Lokomotivhersteller nicht ...