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Die Wiedergeburt der Katze
Datum: 08.06.2024, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byIntersexitor
... jetzt frei war, hatte sie sogar mit dazu beigetragen, dass ich mein Examen in Ruhe über die Bühne bringen konnte. Wochen später rief ich sie an, um mich dafür zu bedanken. Ich hatte erst gedacht, sie würde sofort auflegen oder mich anschreien, aber dann wurde es doch ein angenehmes Gespräch. Wir einigten uns sogar darauf, dass ich ihr fairnesshalber noch 1500 Euro überwies, da sie mich tatsächlich eine ganze Weile miet- und lebensmitteltechnisch ausgehalten hatte, und wir traten im Guten auseinander. * STORCHENZELL Nach dem zweiten Staatsexamen zog ich in die tiefste Provinz nach Storchenzell unweit des Bodensees, wo ich eine Stelle als Assistenzarzt in der internistischen Abteilung des kleinen Kreisklinikums angeboten bekommen hatte. Eigentlich war es kein Umzug, sondern eher eine Flucht. Das Großstadtleben war mir zuwider geworden und ich hing in meinen unruhigen Träumen immer wieder Snoopy und Stefanie nach. Träumte häufig vom Hätte, hätte, hätte... eine wiederkehrende Leier ohne Sinn. Es war alles aus und vorbei. „Und das hier ist unsere Endoskopie", klärte mich mein neuer Chefarzt Dr. Häberle bei der Führung durchs kleine Krankenhaus von Storchenzell auf. Für die Dauer der Probezeit hatte ich ein Zimmer im Schwesternwohnheim gemietet und war an meinem ersten Tag als Assistenzarzt schon um 5:00 Uhr rastlos vor Nervosität aufgestanden. Die Oberärzte schienen nett zu sein und ich blickte mit Spannung meiner Arbeit auf der onkologischen Abteilung ...
... entgegen. Krebsbehandlung, nicht gerade die Lieblingsdisziplin vieler angehender Kollegen. Aber ich interessierte mich sehr für Schmerztherapie und Palliativmedizin, die Betreuung von Sterbenskranken, was wohl den entscheidenden Ausschlag für die Stellenzusage bedeutet hatte. „Gleich sind wir auf der 7B, die 7A wird von Frau Dr. Martin betreut", fuhr mein neuer Chef fort und begleitete mich ins verglaste Stationszimmer, das den Mittelpunkt beider Stationen bildete. Dort saß meine neue Kollegin über die Patientenmappe gebeugt und bereitete ihre Visite vor. Ich spürte ein unangenehmes Kribbeln im Nacken, als ihre zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haare plötzlich einen grauen Rolli freigaben, der aus dem langen Arztkittel ragte. „Guten Morgen, Frau Dr. Martin, da kann ich Ihnen gleich Ihren neuen Kollegen Dr. Karlmann", vorstellen, begrüßte Häberle sie. Ihr Kopf fuhr herum. „Karlmann?", echote sie mit matter Stimme und starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Ähm... Hallo... du hier?", stotterte ich, und bot ihr nach einigen Schrecksekunden lasch meine rechte Hand an, die sie jedoch nicht ergriff. Dr. Häberle runzelte die Stirn. „Wir... wir kennen uns aus Berlin von der Uni", hakte Claire tonlos ein. Der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben. „Ach sooo! Na, das ist natürlich eine tolle Überraschung für Sie beide", freute sich unser Vorgesetzter in Unkenntnis der Vorgeschichte. Dann wies er Claire an, mich in die Führung der ...