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Die Wiedergeburt der Katze
Datum: 08.06.2024, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byIntersexitor
... als Geschenk. Das war glaube ich das Peinlichste, was mir je im Leben passiert ist. Und jetzt mit dem Wissen um das, was dir passiert ist, tut es mir doppelt leid! Ehrlich!" „Ach so. Die Neunschwänzige Katze... ach, mach dir darüber keinen Kopf, Jonas!", wiegelte sie hastig ab und senkte den Blick. „Weißt du, viel schlimmer waren die Kerle, die mich nach dem Physikum erst umgarnt haben, und dann, nachdem sie die Narben gesehen hatten, nur die Freakshow mitnehmen wollten. Und ich bin immer voll drauf reingefallen. Aus purer Sehnsucht. Ich wollte halt auch mal ein bisschen Liebe spüren." Ihre Hände zitterten jetzt wieder und sie starrte traurig auf ihren Teller. Es wurde mir allmählich unangenehm, dass sie mich so ins Vertrauen zog, und ich fragte mich, womit ich das verdient hatte. „Weißt du Jonas, mit Uwe war es dann ganz anders. Ich habe ihn auf einem Benefiz-Ball für Inklusion geistig behinderter Menschen kennengelernt. Er war zwar acht Jahre älter, aber das hat mich nicht gestört. Er war einfach lieb. Am Ende zu lieb. Hat geweint, wenn ich Schmerzen hatte. Hat versucht, mir alles recht zu machen. Ich habe mich gefühlt wie ein Hätschelkind. Er hat sich kaum getraut, mich... mich mal richtig anzufassen." Ihr letzter Satz kam ganz leise, weshalb ich mir ziemlich sicher sein konnte, was sie damit meinte. Mir dämmerte es, dass mit ihren Brandnarben manche intimen Aktivitäten sicher schmerzhaft waren. Ich versuchte, mir von diesen Gedanken nichts anmerken zu ...
... lassen und griff rasch zum nächsten Stück Käsekuchen. „Und... wie ging es dann weiter?", fragte ich schnell. „Nun, gar nicht! Wir haben uns nach etwa einem Jahr getrennt. Er hat zwar noch mit Edelmut versucht, die Schuld daran auf sich zu nehmen. Aber es wäre so oder so auseinandergegangen. Ich war natürlich trotzdem am Boden zerstört." „Das ist echt bitter", pflichtete ich betreten bei. „Weiß du was noch bitterer ist, Jonas? Wenn du merkst, dass es eine Geschichte ohne Ende ist. Dass es wahrscheinlich immer so weitergeht, bis du alt und grau wirst. War mit ein Grund hierherzuziehen. Hier in der Provinz spürt man die Einsamkeit weniger, weil man eh oft allein ist." Wir saßen eine Weile wortlos da. Hoffentlich fragte sie mich jetzt nicht über Snoopy oder Stefanie aus! Sie nippte an ihrem Tee und starrte aus dem Fenster. „Und dann treffen gerade wir uns hier im tiefsten Süden, Claire! Das ist schon seltsam", brach ich die Stille. „Das ist es in der Tat, Jonas. Aber es ist auch schön! Macht Spaß, mit dir zu arbeiten, weißt du? Und ich finde, du hast dich verändert. Oder du bist anders als ich dachte. Das gefällt mir!" „Könnte ich von dir genauso sagen. Obwohl ich dich ja von früher her kaum kenne. Aber vielleicht hatte ich sowieso immer ein falsches Bild von dir in meinem Kopf." Sie errötete leicht und knetete ihre Finger. Das sandfarbene, schulterfreie Leinenkleid, das sie trug, ließ genügend von ihrer Narbe sehen. Sie hatte sich offensichtlich keine Mühe ...