Teil 02 - Simon
Datum: 18.01.2019,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: bythomasbirne
... die Flasche greife und den verbliebenen Schnaps direkt daraus trinke. An den feinen Bewegungen seiner Pupillen kann ich erkennen, wie sein Blick jeder Regung von Elenas Fingern folgt. In diesem Zustand empfinde ich fast so etwas wie Sympathie für ihn, die eine Hand Gottes hat ihn verloren, die andere wieder aufgefangen. Schade, dass diese Seligkeit nicht von Dauer sein wird, wäre sie es, so wären Huren das Heilmittel, an dem die Welt wieder gesund werden könnte.
Andächtig beobachtet die Menge, wie Elena auf der Bühne zuckt, schreit und schwitzt. Wie sie von gespielten Orgasmen hin- und hergeworfen wird und dabei nicht aufhört, wie eine Verrückte ihre Klitoris zu reiben. In ein paar Minuten wird jemand einen Plastikpenis auf die Bühne werfen, mit dem sie sich eine Weile lang befriedigt, gegen Ende wird sie auf allen Vieren von einem glatzköpfigen Mann gevögelt, der ihr irgendwann eine gewaltige Menge Sperma auf den Rücken und in die Haare spritzt.
Ich bleibe selten lange genug, um das mitanzusehen. Es ist nicht so, dass es mir etwas ausmachen würde, es langweilt mich seltsamerweise. Ich komme ich nicht für die Vorstellung sondern für das Publikum. Als müsse ich mich immer wieder der Tatsache versichern, dass der Schatten, den die Leidenschaft wirft, verlorene Seelen in jenem Zwielicht erscheinen lässt, in dem man ihnen ansehen kann, dass sie vor langer Zeit einmal besseren und freieren Menschen gehörten. Wen kümmert es da schon, dass alle Leidenschaft Lüge ist? Wen ...
... interessiert es, dass wir Elena jeden Tag aufs Neue einer Sattheit opfern, die sich bereits in Übelkeit gewandelt hat?
Ich leere die Flasche und verlasse das Stahlwerk. Elena sieht mich nicht hinausgehen, denn ihr Blick ist starr nach oben gerichtet, wo er auf die Thomasbirne trifft, jene ins Gegenteil verkehrte Sonne, deren Licht nicht erhellt sondern verklärt. Machs gut, Geliebte.
Der siebte Distrikt ist laut, schmutzig und überfüllt mit Menschen. Vielleicht lässt das drückende Augustwetter die Leute es in ihren Häusern nicht mehr aushalten und treibt sie auf die Straßen, wo ihnen dann der Gedanke kommt, sich den Feierabend mit ein bisschen Alkohol und Spaß zu versüßen. Genauso gut kann aber auch morgen irgendein Feiertag sein, der mir entfallen ist. In meinem Geschäft richten sich die Arbeitszeiten nicht nach den Wochentagen, da vergisst man so etwas leicht.
Die Verkaufsstände und Bretterverschläge auf beiden Seiten haben die ohnehin schon eher schmale Straße in eine enge Gasse verwandelt. Während ich mich zwischen Händlern, Straßenkindern und Betrunkenen hindurchzwänge, werden mir von allen Seiten Grog, exotischer Sex mit willigen Japanerinnen, Erbsensuppe und pulverisierte Rhinozeroshörner zur Steigerung der Potenz angeboten. Von einer dürren alten Frau mit asiatischen Gesichtszügen, die gelangweilt Spieße über einem Feuer wendet, kaufe ich ein gegrilltes Huhn. Die geringe Größe des Vogels weist zwar eher auf eine Straßentaube hin, aber der Preis ist niedrig und ...