Teil 02 - Simon
Datum: 18.01.2019,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie
Autor: bythomasbirne
... fallen. Jemand erwartet mich. Ich versuche durch einen schmalen Spalt in das erleuchtete Zimmer zu spähen, doch ich kann niemanden darin erkennen. Die Zugluft brennt mir in den Augen, darin liegt ein süßer und doch zugleich auch unverkennbar medizinischer und versengter Geruch. Jemand raucht in meiner Wohnung Cannabis. Vermutlich irgendein armer Teufel ohne einen einzigen Penny in der Tasche, der sich an meinem Marihuana und wahrscheinlich auch meinem Alkohol vergriffen hat. Damit werde ich fertig.
Ich schiebe mich vorsichtig durch die nur angelehnte Tür. Die gegrillte Taube lege ich auf die ausladene Marmortheke, die aus den besseren Zeiten von Wong & Holloway stammt. Obwohl ich davon überzeugt bin, es eigentlich nicht zu benötigen, greife ich mir ein Küchenmesser. Dann trete ich in den Raum.
Auf dem Sofa liegt Tara. Sie hält einen Joint zwischen ihren Fingern und bläst gedankenverloren eine Rauchfahne in den Raum hinein. Als mich mit dem Messer in der rechten Hand sieht, lächelt sie dünn. „Hey Simon", sagt sie.
Ich lege das Messer zur Seite. „Lange nicht gesehen, Tara. Ich nehme an, es ist mein Gras, das du gerade rauchst?"
„Wäre ja auch irgendwie sinnlos, wenn ich selber welches mitbringen würde." Sie deutet auf die Tür zum Flachdach. „Ich habe die Gewächshäuser gesehen. Hätte nicht gedacht, dass du so hier oben eine richtige Farm betreibst. Du musst ja ein Vermögen verdienen. Davon hat Alexa nie erzählt."
Ich gehe über den Namen ihrer Schwester hinweg ...
... als hätte ich ihn nicht gehört. „Weniger als du glaubst", sage ich. „Die Kirche betrachtet den Anbau von Gras als Völlerei, deshalb geht der größte Teil des Gewinns als Buße an die Abtei. Der Tarif ist so bemessen, dass ich gerade davon leben kann. Todsünden sind leider nicht ganz billig zu haben."
„Woher wissen sie, wie viel du verkaufst? Bei dir gibt es ja wohl kaum Quittungen."
„Alle zwei Monate kommt ein Beichtvater von der Abtei vorbei. Er zählt die Blütenstände an meinen Pflanzen und schaut sich die Rechnungen für Dünger, Strom und den ganzen anderen Kram an, den ich bei der Arbeit so brauche. Dann setzt er sich an die Theke und rechnet aus, wie viel ich bezahlen muss, um Vergebung für meine Sünden zu erlangen. Ich könnte wahrscheinlich schon betrügen, aber, naja, es heißt halt nicht umsonst Todsünde." Tara nickt langsam, während sie ein weiteres Mal Rauch ausbläst. „Verschissene Kirche", sagt sie. „Das ist genau die Art von Ungerechtigkeit, die Alexa zum Ausrasten gebracht hätte."
Da ist er wieder, dieser Name. Sie macht es absichtlich, versucht mich dazu zu zwingen mit ihr über ihre Schwester zu reden.
„Und jetzt kriechen ihr die Regenwürmer durch die Nase ins Gehirn", erwidere ich. „Das ständige Ausrasten war wohl eine evolutionär nicht begünstigte Verhaltensweise."
Taras Bewegungen sind durch das Gras verlangsamt, deshalb sehe ich die Faust, zu der sie ihre hübschen, feingliedrigen Finger zusammengeballt hat, fast gemächlich auf in Richtung meines ...