1. Die Anhalterin


    Datum: 31.01.2019, Kategorien: Insel der Scham, Autor: Anonym

    Der Kompaß zeigte nach Norden und mein CD-Player spielte gerade „Sieben“ von „Subway to Sally“.
    
    „Nicht eins, nicht zwei nicht drei und vier, nicht fünfmal still´ ich meine Gier, auch Sechs ist nicht genug. Sieben mal flecht´ ich Dein Haar um den alten Apfelbaum. Sieben mal und es wird wahr. Du hast keine Wahl, denn die Sieben ist meine Zahl.“ erklang es aus den Boxen.
    
    Es war ein herrlicher Frühlingsmorgen. Ich bummelte in meinem kleinen Targa-Cabrio von Bautzen aus durch die Lausitz. Plötzlich stand da eine junge Frau, direkt bei einer Bushaltestelle. Sie hielt den Daumen hochgereckt. Eine Anhalterin. Und eine hübsche dazu. So etwas passiert einem nicht alle Tage. Und wenn, dann immer dann, wenn man nicht anhalten kann oder die Freundin neben einem sitzt. Heute aber nicht. Natürlich bremste ich, um sie mitzunehmen. 50 Meter weiter kam ich zum stehen.
    
    Im Rück­spiegel konnte ich sehen, wie sie angerannt kam. Sie trug ein kurzes Sommerkleid in Schwarz und Grün mit roten Früchten darauf. Ein paar seidene Erdbeeren waren am rechten Träger befestigt. Sie wippten mit den Brüsten im Takt. Sehr hübsch.
    
    Eigentlich hätte ich ja den Rückwärtsgang einlegen können, um ihr entgegenzukommen. Aber der Anblick war einfach zu schön.
    
    „Können Sie mich mitnehmen?“, fragte sie ein wenig außer Puste. Dabei beugte sie sich durchs Fen­ster, wobei ich den Ansatz ihres vollen Busens erhaschen konnte. Sie hatte lange, blonde Haare, die hinten zusammengesteckt waren. Zwei kleine ...
    ... Ohrringe blitzten in der Sonne. Irgendwie strahlte sie eine Fröhlichkeit aus, die ansteckend war.
    
    „Na klar“, sagte ich. „Wo soll es denn hingehen?“
    
    „Ich muß nach Cottbus. Gerade ist mir der Bus vor der Nase weggefahren und der nächste kommt erst in zwei Stunden. Das wird mir zu knapp.“
    
    „Kein Problem. Ich habe heute sowieso nichts vor. Cottbus ist kein großer Umweg. Irgendein be­stimmtes Ziel?“
    
    „Zur Klinik bitte.“
    
    „Untersuchung?“
    
    „Nein, ich bin Krankenschwester. Ich habe heute Mittag ein Seminar.“
    
    „Na, dann brauchen wir uns ja nicht zu beeilen. Es ist ja erst kurz nach Neun. Ich muß nur mal das Ziel ins Navigations­sy­stem eingeben. Man weiß hier ja nie, wie eine Straße gesperrt ist.“
    
    „Ja, das stimmt. Bei uns werden gerade überall Rohre verlegt. Kabelfernsehen oder Internet oder so was“
    
    Zwischenzeitlich war sie eingestiegen. Sie trug keine Strumpfhosen, nur Tennissocken. Ihr leichtes Parfum duftete verführerisch. Ihr Mann mußte zu beneiden sein.
    
    „Sind Sie verheiratet?“, fragte ich sie.
    
    „Nein.“
    
    „Warum nicht?“
    
    „Es ist hier schwer, den Richtigen zu finden. Im Moment bin ich solo. Und Sie?“
    
    „Ich lebe im Trennungsjahr und habe einen kleinen Sohn. Mein wahrer Sonnenschein.“
    
    „Oh, ein Kind möchte ich auch gerne haben.“
    
    „Na, dazu haben Sie ja noch viel Zeit. Wie alt sind Sie denn, wenn man fragen darf?“
    
    „Einundzwanzig. Und Sie?“
    
    „Hoppla, da fragen Sie lieber nicht. Ich könnte ja Ihr Vater sein.“
    
    „Macht nix, ich mag ältere Herren. Die ...
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