Der lila Duft des Lavendel
Datum: 07.06.2021,
Kategorien:
Erstes Mal
Autor: byfreudenspender
... unglaublicher Schatz. Vorhin noch so traurig und niedergeschlagen und jetzt, nur wenige Sekunden später, spielt sie die gut gelaunte Tochter Sie will ihren Vater nicht noch mit trüben Gedanken belasten. Stattdessen frisst sie die Probleme in sich hinein und versucht alles mit sich selbst auszumachen. Ich finde das unglaublich lieb von ihr. Ich wünschte, das würde jemand eines Tages auf sich nehmen, wenn ich im Sterben liege. Allerdings zehrt das auch sichtlich an ihren Kräften. Das kann nicht einfach sein, immer nur die Unbekümmerte zu spielen.
„Hallo Onkel Roland", grüße ich.
Ich bin unsicher und versuche mich vorsichtig heranzutasten. Ich erkenne den Mann vor mir kaum wieder. Einerseits ist es über zwanzig Jahre her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe und andererseits ist er von der Krankheit schwer gezeichnet.
„Hallo Thomas, schön, dass du trotz allem gekommen bist."
Onkel Roland fällt selbst das Sprechen schwer. Sogar das ist für ihn eine ungeheure Anstrengung. Sein Blick haftet unsicher an mir, als würde er vor dem, was ich sagen könnte, Angst haben. Das hängt nicht mit seiner Krankheit zusammen. Die Unsicherheit hat einen anderen Grund.
„Wie meinst du das?", frage ich deshalb. Ich habe keine Ahnung, was er damit meint.
„Du weißt es nicht? Dein Vater hat dir nie etwas erzählt?"
„Was soll er mir erzählt haben?"
„Warum wir uns nie mehr gesehen haben", meint er.
„Nein, er hat mir nie von dir erzählt. Mir ist nur klar geworden, zwischen Euch ...
... muss etwas sehr Einschneidendes vorgefallen sein. Mein Vater war kein nachtragender Mensch und hat bald wieder verziehen. Nur bei dir hat er seinen Groll ein Leben lang nicht ablegen können. Allerdings hat er auch nie erzählt, was zwischen Euch vorgefallen ist", antworte ich wahrheitsgemäß.
„Vera, würdest du uns bitte einen Augenblick alleine lassen? Tom hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Er ist inzwischen alt genug", meint Roland zu meiner Überraschung.
„Ich denke Vera sollte bleiben. Es geht um die Familie und da gehört sie dazu", sage ich. Ich weiß nicht, warum ich das sage und bin von mir selbst überrascht. Es ist wohl eher ein Gefühl, aus dem heraus ich Vera nicht ausschließen will.
„Aber es war vor ihrer Zeit", wirft Onkel Roland besorgt ein.
„Es hat Auswirkungen gehabt, bis heute und möglicherweise auch auf die Zukunft. Warum sollte sie nicht wissen, worum es geht", beharre ich.
„Sie hatte mit der Sache nichts zu tun. Sei bitte nicht böse auf Vera. Sie kann nichts dafür", wehrt mein Onkel fast verzweifelt ab.
„Das weiß ich selbst, dass Vera keine Schuld trifft. Das sind Vorfälle lange vor meiner und ihrer Zeit. Deswegen musst du dir keine Sorgen machen", beruhige ich ihn.
Onkel Roland schaut mich nach wie vor besorgt an. Dann schaut er zu Vera. Er denkt nach.
„Willst Du dabei sein?", meint er fast flehend. Ich habe den Eindruck, er hofft, dass sie uns doch alleine lässt. Doch Vera bleibt auf dem Bettrand sitzen.
„Tom hat Recht. ...