Der lila Duft des Lavendel
Datum: 07.06.2021,
Kategorien:
Erstes Mal
Autor: byfreudenspender
... Das liegt alles lange vor unserer Zeit. Ich habe ihn so gut kennen gelernt, dass ich ihm glaube, wenn er sagt, dass er das Gestern und das Heute trennen kann. Wenn dem nicht so ist, dann kann ich es auch nicht ändern. Ich würde dann allerdings schon gerne wissen, warum er sauer auf mich ist", antwortet sie entschlossen.
„Na gut, Ihr Jungen wollt immer alles wissen. Manchmal sollte man die Vergangenheit ruhen lassen. Wohl auch deshalb hat Werner dir nie etwas erzählt", gibt sich mein Onkel geschlagen. In seiner Stimme liegen Bewunderung und Resignation gleichermaßen. Nach einer Pause beginnt er zu erzählen. „Wie du sicher weißt, haben dein Vater und ich das Chateau gemeinsam gekauft. Ich wollte immer schon ein berühmter Weinbauer werden. Da traf es sich ganz gut, dass mein Bruder eine Geldanlage gesucht hat. Seine Frau - das wäre deine Mutter - hatte eine Erbschaft gemacht, irgendein entfernter Onkel."
Onkel Roland macht eine längere Pause. Es ist ihm deutlich anzusehen, dass ihn das Sprechen anstrengt. Zudem fällt ihm auch das Erzählen der Geschichte selbst nicht leicht. Vera reicht ihm ein Glas und hilft ihm, einen Schluck Wasser zu trinken. Dann schaut sie mich unsicher an. Ich nehme ganz unbewusst ihre Hand, um sie zu beruhigen.
„Am Anfang war alles gut. Doch schon nach wenigen Jahren änderte sich einiges. Wir waren immer öfter anderer Meinung. Während ich den Ehrgeiz hatte, einen ganz besonderen Wein zu machen, ging es Werner eher ums Geld. Es kam immer öfter zu ...
... Streitigkeiten und schon nach wenigen Jahren war es fast unmöglich, gemeinsam weiterzumachen."
Wieder macht Roland eine Pause. Ich habe das Gefühl, ich kann aus seinen Worten regelrecht spüren, wie sehr er all die Jahre unter dem Streit und den Folgen gelitten hat. Wieder sieht mich Vera unsicher an und ich drücke erneut zur Beruhigung ihre Hand.
„Irgendwann ging es nicht mehr. Wir haben nur noch gestritten. Darunter hat die Führung des Weingutes schwer gelitten. Da wir zu Beginn den Fehler gemacht haben, die Anteile je zur Hälfte unter uns aufzuteilen, wurde jede Entscheidung zum Problem. Es gab endlose Diskussionen, die zu keiner Entscheidung führten. Am Ende hat Werner jeglichen Beschluss blockiert. Ich hatte den Eindruck, nur zum Trotz war er immer anderer Meinung als ich. Ich gebe zu, ich habe damals alles nur aus meiner Warte aus gesehen und nie versucht, ihn zu verstehen. Am Ende wollte er verkaufen und das habe ich blockiert. Das Chateau war und ist immer mein Traum gewesen und das wollte ich um nichts auf der Welt loslassen."
„Mein Vater konnte ein ausgesprochen sturer Mensch sein, wenn es darum ging, seinen Willen durchzusetzen. Das habe ich mehr als einmal erlebt", bestätige ich.
„Heute gebe ich nicht nur ihm die Schuld. Ich war genauso schuld an der Misere. Das sehe ich heute ein und es tut mir aufrichtig leid. Doch das allein ist nicht das Problem. Irgendwann kam etwas, auf das ich bis heute nicht stolz bin. Im Gegenteil, ich schäme mich ganz maßlos ...