Krieg und Liebe: Tanganjikabahn
Datum: 30.03.2024,
Kategorien:
Romantisch
Autor: JoeMo619
... nur im Deutschen Reich, sondern in ganz Europa.
"Leider nur sehr entfernt", lautete meine Standardantwort. "Mein Vater ist zwar Direktor der preußischen Staatsbahnen, hat aber keine Aktien an der Maschinenfabrik in Kassel."
"Nehmen Sie doch Platz, Herr Henschel, und leisten Sie uns Gesellschaft", bot mir Gräfin von Cleve einen Platz an und ließ mir ebenfalls einen gut duftenden Tee mit Zitrone bringen. Dann begann ein neugieriges Frage- und Antwortspiel, bei dem gleich alle drei Damen mehr über den neuen Eisenbahningenieur in Kigoma wissen wollten.
Auch beim Abendessen blieb es bei freimütigen, aber gesellschaftlich normalen Gesprächen. Der Hausherr wurde von seiner Frau entschuldigt. "Mein lieber Ehemann", sagte sie mit einem hörbar zynischen Unterton, "jagt irgendwo im Osten mit einigen Freunden und Gönnern Großwild, wenn er nicht gerade sturzbetrunken im Zelt liegt. Ich weiß nur ungefähr, wann er wiederkommt. Und dann ist er auch gleich wieder fort. Zur nächsten Jagd." Die Charakterisierung des Grafen aus dem Mund seiner Ehefrau hörte sich nachhaltig frustriert an.
Wir hatten uns kurz verständigt, dass wir alle geschäftlichen Angelegenheiten am kommenden Tag diskutieren wollten, insofern konzentrierte sich unser Abendgespräch neben der Neugierde an mir und den Plänen der OAEG auf Neuigkeiten aus dem Reich. Die drei Damen weilten schon länger in Afrika.
Als ich abends im Bett lag, wunderte ich mich über den zweifelhaften Ruf meiner Gastgeberin und ihres ...
... Mannes. Sie machte einen ganz normalen Eindruck auf mich.
Der Eindruck verstärkte sich sogar noch am darauffolgenden Tag. Gräfin Gerhild von Cleve entpuppte sich als ausgesprochen kenntnisreich in Sachen Holz- und Forstwirtschaft, präsentierte mir ein wirklich modern zu nennendes Sägewerk, für dessen Stromversorgung man ein eigenes kleines Wasserkraftwerk installiert hatte, welches das reichhaltige Hydropowerpotential des ostafrikanischen Hochlandes bestens nutzte.
"Es ist vielleicht überraschend für Sie, Herr Henschel", sagte die Gräfin mit einem Schmunzeln nach unserer Rückkehr in ihr Farmhaus, "aber von drei Dingen verstehe ich wirklich etwas: Forstwirtschaft, gutes Leben und attraktive Männer." Dabei lächelte sie mich sehr hintergründig an, ließ aber den erotisierenden Eindruck sofort wieder verfliegen. "Mein Vater ist einer der größten Waldbesitzer vor dem und im Harz. Und er hat seine einzige Tochter nach hartnäckigen Diskussionen tatsächlich Agrar- und Forstwirtschaft an der Georg-August-Universität zu Göttingen studieren lassen." Jetzt lachte sie laut. "Und dort habe ich auch meinen guten Ehemann kennengelernt. Ein bisschen, eine Hand wäscht die andere. Ich wurde Gräfin und mein nicht so vermögender Ehemann bekam das Geld, hier in Ostafrika etwas aufzubauen. Am Ende war es dann mehr meine Aufbauarbeit. Aber ich will nicht klagen." Genau das tat sie aber, vermutlich mit vollem Bewusstsein.
Die von mir präsentierten Bedarfszahlen an Bauholz und ab Inbetriebnahme der ...