Krieg und Liebe: Tanganjikabahn
Datum: 30.03.2024,
Kategorien:
Romantisch
Autor: JoeMo619
... Verfügung hat."
Über die nächsten Wochen saßen wir öfters beim Abendtisch zusammen und diskutierten unsere betrieblichen Probleme. Es tat mir richtig gut, hier am Ort einen versierten Kollegen zu haben, der in Sachen Arbeits- und Betriebsorganisation ähnlich wie ich selbst dachte. Ich brachte ihn zudem mit Muhammad Ali und Faruk zusammen, die ihm bei der Beschaffung einer Vielzahl von Kleinmaterialien und anderen Leistungen zur Verfügung standen.
Der Eisenbahnbetrieb hatte seinen täglichen Routinerhythmus gefunden, das Bahnbetriebswerk hatte mit der Kesselreinigung und der Ausrüstung der Lokomotiven für den langen Rückweg genug Arbeit, wobei die fast ausschließlich jungen Lokomotiven der Mittellandbahn erst einmal wenig echte Reparaturarbeiten erforderlich machten. Im April war auch das kaiserliche Jagdschloss fertiggestellt und an die Kolonialbehörden übergeben worden. Ganz Ostafrika im Allgemeinen, aber Kigoma im Besonderen fieberte dem kaiserlichen Besuch Ende August entgegen. Insbesondere die deutschen Frauen unserer Region einschließlich Gräfin Gerhild und ihrer Schwester hatten schon ausgangs des heiß-feuchten "Winters" mit ihren Vorbereitungen begonnen, ließen sich neue, dem Anlass angemessene Kleider schneidern und verbesserten beziehungsweise erneuerten ihren Fuhrpark. Einige vermögendere Plantagenbesitzer hatten sich in Daressalam erste Automobile gekauft, die nun im trockenen Frühling mühsam über Land angeliefert wurden. Ein Transport auf der Bahn mit ...
... ihrer schmalen Spurbreite von nur einem Meter war nicht möglich, was mir einige Beschwerden und Beschimpfungen eintrug.
Una hatte sich unter Zuhilfenahme des Brockhaus mit der preußischen und deutschen Geschichte des Hauses Hohenzollern beschäftigt und stellte mir viele Fragen. Sie hatte (logischerweise) noch nie einen europäischen Monarchen gesehen und hinterfragte insbesondere die majestätische Rangfolge. "Wenn ich das richtig gelesen haben, gibt es in Europa gleich drei Kaiser, im Deutschen Reich, in der K.u.K.-Monarchie von Österreich-Ungarn und den Zaren in Russland", konfrontierte mich meine schwarzafrikanische Lebensgefährtin eines Mittags. "Bedeutet dies, dass die Kaiser ranghöher sind als beispielsweise der König von England? Oder der von Belgien?"
"Eine verdammt gute Frage", antwortete ich zögerlich. "Eigentlich nein, weil das Kaisertum oder Königtum immer zu einem Land gehört. England ist beispielsweise nicht Teil des Deutschen Reiches. Aber Deine Frage ist absolut berechtigt, weil der Deutsche Kaiser auch König von Preußen ist und zugleich ranghöher ist als andere deutsche Könige, zum Beispiel der König von Bayern und der König von Württemberg."
Una schüttelte den Kopf. "Könnt ihr in Europa denn so etwas nicht ordentlich organisieren? Bei uns gibt es einen Häuptling. Mehr nicht. Und andere Stämme haben ihren eigenen Häuptling. Aber so einen Oberhäuptling haben wir eigentlich nicht. Braucht man doch auch nicht. Ein Häuptling reicht doch."
Ich nickte ...