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Krieg und Liebe: Tanganjikabahn
Datum: 30.03.2024, Kategorien: Romantisch Autor: JoeMo619
... nachdenklich, denn eigentlich hatte Una recht. Hingegen hatte Una das Prinzip des Parlamentarismus verstanden. "Ist wie bei uns der Rat der Ältesten. Euer Kaiser braucht genauso weise Ratgeber wie unsere Häuptlinge." Ich stimmte ihr zu, enthielt mich aber weiterer Erläuterungen oder Stellungnahmen. Wenn ich meine eigenen Erinnerungen an den deutschen und preußischen Parlamentarismus und die Zeitungsberichte der letzten Jahre als Maßstab nahm, konnte man die Einschätzung von "weisen" Ratgebern nicht unbedingt teilen. Das Leben in diesen Frühlings- und Frühsommermonaten in Deutsch-Ostafrika war aus meiner Sicht schön und verhieß für die Zukunft viel Gutes. Diese optimistisch lebensfrohe Einschätzung wurde von meiner Partnerin Una, meinen engsten Geschäftsfreunden und meinen Freunden und Bekannten unter den deutschen Nachbarn uneingeschränkt geteilt. Dann berichtete die Deutsch-Ostafrikanische Zeitung, die durch die Eisenbahn jetzt mit nur wenigen Tagen Verzögerung nach Kigoma kam, vom Attentat auf das österreichische Thronfolger-Ehepaar in Sarajevo und fünf Wochen später vom Kriegsausbruch in Europa. Die beiden Nachbar-Kolonien von Deutsch-Ostafrika, Belgisch-Kongo im Westen und Britisch-Ostafrika im Norden sowie Rhodesien im Süden waren im Krieg mit dem Deutschen Kaiserreich. Die sich ab Juni zuspitzende Krise hatte auch den Besuch des Kaisers zur Deutsch-Ostafrikanischen Landesausstellung in Daressalam und in Kigoma obsolet werden lassen. Das für ihn extra unter ...
... großem Zeitdruck errichtete Jagdschloss am Ostufer des Tanganjikasees würde nie kaiserlichen Besuch erleben. Aber das wussten wir im August 1914 trotz unserer Enttäuschung nicht. Der Kriegsausbruch in Europa hatte unmittelbare Konsequenzen für Anton Rüter und seine Mannschaft, die mit großem Elan die 'Götzen' zusammennieteten und montierten. Die Slipanlage war nicht mehr rechtzeitig verschifft worden und lag in Hamburg ohne die geringste Chance, zu unserer improvisierten Werft am Tanganjikasee transportiert zu werden. Unter Einschluss des Bauleiters von Philipp Holzmann, Friedrich Hübener, der für die Bahntrassenbau der Mittellandbahn zuständig gewesen war und nun den Bau von Zweigverbindungen nach Norden und Süden plante und vorbereitete, saßen wir mehrere Abende zusammen und philosophierten über eine improvisierte Notlösung, um die 'Götzen' nach Fertigstellung ins Wasser zu bekommen. Mittlerweile hatte sich auch die kaiserliche Marine eingeschaltet, die bereits das Kommando über die beiden kleinen Schiffe übernommen hatte, um auf dem See gegen britische und belgische Schiffe vorgehen zu können. Kapitänleutnant Zimmer war dazu zum Marinekommandanten auf dem See ernannt worden und im höchsten Maß daran interessiert, die 'Götzen' zusätzlich zu bewaffnen und als Marineschiff zum Einsatz zu bringen. Hierzu hatte die Marine bereits begonnen, die Bewaffnung des im Rufiji-Delta an der ostafrikanischen Küste festsitzenden Leichten Kreuzers 'Königsberg' zu demontieren und nach Kigoma ...