1. Die Schlaglochpiste am Schwesternheim


    Datum: 08.01.2019, Kategorien: Medien, Autor: Luftikus

    ... laut, dass sie aufzuhören sollten, sich auszuziehen. Als die Bauarbeiter das hörten, stellten sie ebenfalls die Arbeiten ein und blickten verwundert und verärgert auf die Stationsschwester. Die trat, keck mit dem Saum ihres Schwesternkleidchen spielend, vor die Bauarbeiter. „Die Schwesternkleider gibt es nur für das Flicken der ganz großen Schlaglöcher. Und damit da keine Diskussion um die richtige Größe aufkommt, bestimme ich wo geflickt wird.“
    
    Grimmig blickten sie die Männer an. Sie wollten das Spiel nicht mitmachen, endlich etwas zu sehen bekommen. Zu lange warteten sie schon. Aggressive Unmutsäußerungen dröhnten durch die erhitzte Menge. Die Stimmung drohte umzukippen. Mit einer solch heftigen Reaktion hatte Claudia nicht gerechnet.
    
    Sie sah sich alleine einer wütenden Menschenmenge ausgeliefert. In ihr stieg ein Gefühl der Hilflosigkeit auf, schon spürte sie ihren Kreislauf wegsacken. Der Druck der Masse lies sie in ihrem Inneren einen Zwang spüren, der stärker als ihre klaren Gedanken drängte. Instinktiv gab sie dem Zwang nach, Chancenlos, darüber Nachdenken zu können, was sie in ihrer Panik tat.
    
    Verführerisch lächelte sie die Bauarbeiter an, und sprach ganz langsam weiter, hauchte dabei jedes Wort laut schnurrend in die Menge. „Jetzt suche ich mir unter Euch einen starken Mann aus, der mir das ausgesuchte Loch flickt, und mir dann mein weißes Kleidchen ausziehen und behalten darf.“
    
    Endlich wachte sie aus ihrer Panik auf. Zu spät. Was tat sie da? Sie machte ...
    ... sich vor den Kerlen zum Flitchen. Warum nur? Sie hätte doch nein sagen können. Mehrmals. Judith! Sie war die schuldige Verursacherin des Ganzen. Claudia ergab sich in ihre Opferrolle und machte weiter.
    
    Die Kerle mutierten zu wilden Stieren. „Ich, ich, nein hier ich“, brüllten sie wie verrückt, als Claudia an ihnen, mit den Finger suchend, vorbei streifte. Die anderen Schwestern schluckten, fragten sich ängstlich, ob die Bauarbeiter auch ihnen an die Wäsche gehen würden.
    
    Dann zeigte Claudia auf einen jungen blonden etwas pummeligen Mann mit Pausbacken. „Boh nee, wieso denn dieser Schulffi“, maulten einige der Unerwählten. Der junge blonde Bauarbeiter selbst reagierte schüchtern. Darum hatte ihn Claudia in der Hoffnung ausgewählt, das er sich halbwegs anständig benehmen würde. Seine Kollegen klopften ihn aufmunternd auf die Schulter. „Jetzt aber los, Du Glückspilz. Ran an die Buletten!“
    
    Er legte Schaufel und Spitzhacke auf eine Schubkarre mit erwärmten Teer, und trottete der hochgewachsenen Stationsschwester hinterher, die ihm winkend zu dem kraterhaften Schlagloch führte, das drei Tage zuvor ihr Auto demoliert hatte. Mit der Spitzhacke löste er die losen Brocken, säuberte die Ränder, schaufelte einen riesigen Haufen Teer hinein. Dann klopfte er die Oberfläche sorgfältig mit der Unterseite seiner Schaufel glatt.
    
    Verlegen schaute der pausbäckige junge Bauarbeiter auf Claudia. Traute er sich nicht, seinen Lohn einzufordern? „Die Masse muss noch aushärten. Es dauert ...
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